Inhalt der Andacht
Digitales Glaubensbekenntnis:
Ich glaube an Gott, den Programmierer, den Allmächtigen,
den Schöpfer der Daten und des Servers,
und an Jesus Christus seinen Avatar, unsern Hacker.
Empfangen durch 5G, gedownloaded von Marias iPhone, gelitten unter §13 und der DGSVO,
geliked, gehashtagt und geshitstormed
hinabgestiegen in das Darknet, am dritten Tage ausgeloggt aus dem Forum,
hochgeladen in die Cloud.
Er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Admins. Von dort wird er kommen, zu löschen die Fakeprofile und die Trolle.
Ich glaube an den Heiligen Geist.
Die digitalen christlichen Chatbots, Community der Eiligen, Löschung des Browserverlaufs,
Auferstehung als Datensatz und das ewige Leben.
Amen.
Gedanken zur Digitalisierung und dem Glauben:
Jesus hatte als Medium das Wort. Das war keine Einbahnstraßenpredigt. Rückfragen waren erlaubt, ständig wurde er gefragt – nicht selten hat er etwas zurückgefragt. Die Streitgespräche und Diskussionen sind legendär. Man konnte sich direkt einklinken, nachfragen, kommentieren. Aus Hörer*innen wurden Mitmacher*innen.
Doch der christliche Medieneinsatz veränderte sich. Bei Paulus war das Medium „Briefe“ hoch im Kurs. Das war schon weniger dialogisch. Luther verbreitete seine Gedanken über das brandneue Massenmedium „Flugblatt“ – der Buchdruck machte es möglich. Doch auch das war eher eine Einbahnstraßenkommunikation. In der Moderne nutzen die Kirchen noch mehr Medien. Ob Radio-Andacht, Fernsehgottesdienste oder bibleTV: Es bleibt eine klassische Rollenverteilung in Sender*in und Empfänger*in.
Digitalisierung und das Internet bieten eine neue Chance. Eben weil es nicht nur ein neues Medium ist. Es geht um einen tiefgreifenden Wandel. Das Kommunikationsverhalten ändert sich. Es ist schnell und dialogisch. Jede*r kann Sender*in und Empfänger*in sein. Zum Einen geht es direkter. Jeder Gedanke kann sofort verarbeitet werden. Zum Anderen überwindet das Digitale die Grenzen von Zeit und Raum. Die Youtube Predigt kann von Menschen weltweit geschaut und kommentiert werden. Vielleicht wird ja durch die Digitalisierung wieder mehr Dialog möglich so wie damals bei Jesus?
Doch Digitalisierung betrifft nicht nur Menschen. Durch die binäre Sprache in Nullen und Einsen können wir auf einmal mit Maschinen sprechen und alles wird übersetzbar. 11100011001000011100001 usw. Sprachen sind endlich kein Hindernis mehr. Vielleicht das erste Mal seit dem Mythos des Turmbaus zu Babel.
Und dazu kommen jetzt noch die allmächtigen Algorithmen, die im Hintergrund Daten sammeln und verarbeiten: Ich sitze oder stehe, so weißt du es, Instagram. Du erforschest mich und du kennst mich, Facebook. Du verstehst meine Gedanken von Ferne, Amazon Werbung. Ich gehe oder liege, so bist du um mich und siehst alle meine Wege, Google. Denn siehe es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, Alexa, nicht alles wüsstest. Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir, NSA.
Tja. Das ist schon auch etwas gruselig. Der Mensch will ja schon immer Gott spielen, Gott sein. Vielleicht ist das menschliche Streben allmächtig, allwissend zu sein und selbst künstliches Leben zu schaffen nun digital erreichbar. Wo ist da noch Platz für Gott?
Vielleicht müssen wir ihn im digitalen Zeitalter ja gar nicht suchen. Vielleicht ist er ja schon da. Die Schöpfung passierte „ex nihilo“ – aus dem Nichts heraus. Aus 0 wird 1. Ohne diesen Akt gäbe es kein Leben. Auch kein digitales Leben. Gott steckt im Quellcode dieser Welt und ihrer Zukunft. Es wäre fatal, wenn wir uns als Christen aus der Digitalisierung heraus halten.
Werden nun Prediger*innen zu Programmierer*innen? Sozial Pädagog*innen zu SocialMedia Profiler*innen? Jugendleiter*innen zu Administrator*innen? Vielleicht ist es nicht das technische, das wir beisteuern können. Die Digitalisierung ist auch ein Wandel der Gesellschaft und der Kultur. Dazu haben wir als Christen auf jeden Fall etwas beizutragen. Digitalisierung bietet Chancen zur Völkerverständigung, der Wahrung des Friedens und des Sorgens für Gerechtigkeit – viel Platz für unsere Frohe Botschaft!
Amen.
Idee für ein gemeinsames digitales Gebet:
Man scrollt durch seine Kontaktliste im Handy (oder Laptop). Dort wo man gedanklich hängen bleibt, hält man kurz inne. Was könnte diese*r Freund*in brauchen? Man spricht ein stilles Gebet.
Gemeinsam schließt man mit dem Vater Unser
Diakon Sebastian Heilmann, Amt für Jugendarbeit
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