“Die Befristeten” (E. Canetti) – 2. Aufführung
Inszeniert von dem LUX- Theaterteam
Irgendwann in der Zukunft: Eine Gesellschaft, in der jeder genau weiß, wie lange er zu leben hat. Der eigene Name zeigt es unumstößlich an: „Achtundachtzig“ oder „Fünfzig“ heißt man – oder auch nur „Zehn“. Jeder kann sich darauf einstellen.
Wäre es nicht vorteilhaft, von Geburt an schon die Stunde seines Todes zu kennen? Könnte man nicht frei von Furcht und Ungewissheit sein Leben einrichten und die zugemessene Zeit besser nützen – bis eben zu dem bewussten „Augenblick“, der jeden Menschen unweigerlich früher oder später ereilt? Eine statische Gesellschaft mit voraussehbaren Werdegängen und ohne Risiken.
Wächter über diese Ordnung ist der Kapselan. Allein er darf in die Kapseln schauen, die jeder um den Hals trägt und in denen Geburts- und Todesdatum eingeschlossen sind. Was vermeintlich zum Wohle der Menschen eingerichtet ist, entpuppt sich im Verlauf des Dramas immer mehr als eine Tyrannei des Todes, die lediglich eine neue Art von sozialer Hierarchie, neue Machtstrukturen hervorbringt und letzten Endes die Individuen voneinander entfremdet. Wer alt wird, genießt Privilegien, wer jung sterben wird, bleibt niedrig gestellt. Der Name ist Merkmal der Auszeichnung oder aber Stigma. Da es als Indiskretion gilt, dem anderen das eigene erreichte Alter mitzuteilen, bleibt jeder mit der Angst vor dem eigenen und dem Tod geliebter Menschen allein.
Bis ein Zweifler eine Entdeckung macht, die das System in Frage zu stellen beginnt und eine nicht mehr umkehrbare Revolution entfacht….
Elias Canetti wurde 1905 in Rustschuk/Bulgarien geboren. 1929 promovierte er in Wien. 1938 emigrierte Canetti nach London, wo er anthropologische und sozialhistorische Studien zu Masse und Macht (1960) aufnahm. Ab den 1970er Jahren lebte er vorwiegend in der Schweiz und erlangte weiterreichende Berühmtheit mit seinen Theaterstücken. 1981 wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen. 1994 starb er in Zürich.
